Ein Auftragnehmer hat sich vertraglich zur Errichtung einer Dachabdeckung aus Metallplatten verpflichtet. Das Vertragswerk wird nach Leistungsabnahme verkauft. Der Erwerber stellt innerhalb der Gewährleistungsfrist fest, dass die Leistung des ausführenden Unternehmers am Dach mangelhaft ist, weil versäumt wurde, unterhalb der Blechabdeckung eine Unterspannbahn einzubauen. In einem Beweisverfahren wird festgestellt, dass die Abdeckung nicht schlagregendicht ist und auch Flugschnee unter die Dacheindeckung eindringen kann. Der Unternehmer wendet in dem Klageverfahren des Erwerbers auf Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung u.a. ein, dass es in den fünf Jahren seit der Fertigstellung zu entsprechenden Wetterereignissen gekommen sei, ohne dass Feuchtigkeit in das Bauwerk eingetreten ist. Das Dach müsse daher dicht sein.
Die Klage des Erwerbers hat Erfolg. Das OLG Rostock gelangte zu der Auffassung, dass die Dacheindeckung mangelhaft sei. Ausweislich der Erkenntnisse im gerichtlichen Beweisverfahren wäre die Dachabdeckung nur wasserdicht, wenn sie unterhalb der Bleche mit einer Unterspannbahn versehen worden wäre. Darauf, ob die mangelhafte Dachabdeckung in den vergangenen Jahren dichtgehalten hat, komme es nicht an. Das Werk weise nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf und leide zudem an der Geneigtheit des künftigen Schadenseintritts. Auf die bereits eingetretene Manifestation eines Mangels im Bauwerk komme es vorliegend nicht an. Ein Werkmangel bestehe auch dann, wenn akut noch kein Bauwerksschaden eingetreten sei.
(OLG Rostock vom 16.09.2019; BGH, Beschluss vom 27.05.2020)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht