Das OLG Nürnberg hatte unlängst als Berufungsgericht über die Kostenvorschussklage eines Bauherrn gegen seinen Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern zu entscheiden. Zugrunde lag ein im Jahr 1992 zwischen den Parteien abgeschlossener Architektenvertrag zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück des Bauherrn. Letzterer beklagte nach Baufertigstellung ab 1996 Feuchtigkeitsschäden im Keller. Ein erster Sanierungsversuch scheiterte, denn 2002 kam es an derselben Stelle erneut zu Feuchtigkeitsschäden. In dem daraufhin vom Bauherrn eingeleiteten selbstständige Beweisverfahren wurde sachverständig festgestellt, dass zur Sanierung entweder eine Abdichtung des Kellers gegen drückendes Wasser oder die Herstellung einer Abdichtung gegen nichtstauendes Sickerwasser und einer Drainage mit Entwässerung durch Sickerbrunnen möglich und notwendig sei. Der Bauherr verklagte den Architekten auf dieser Grundlage auf Zahlung von Schadensersatz. Der Klage wurde vom Landgericht und in der Berufungsinstanz vom Oberlandesgericht stattgegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Architekten verwies der BGH den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG Nürnberg zurück. Dort Wurde der Architekt zur Zahlung eines Vorschusses auf den Sanierungsaufwand verurteilt. Der Senat am Oberlandesgericht war nach ausführlicher Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile der technisch möglichen Sanierungslösungen zu der Einschätzung gelangt, dass die (preiswertere) Versickerungslösung der Klägerin nicht zuzumuten sei, da sie nur mit einem hohen sachlichen und zeitlichen Aufwand möglich, wartungs- sowie reinigungsintensiv sei, das Grundstück über Jahre in der Nutzung beeinträchtigt würde und letztlich ungewiss sei, ob die nötige Versickerungsleistung überhaupt erreicht werde – mit dem Risiko, dass bei Erfolglosigkeit abschließend doch noch mit der Abdichtungslösung vorgegangen werden müsste. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts, die im Übrigen rechtskräftig ist, nachdem die weitere Nichtzulassungsbeschwerde des Architekten vom BGH zurückgewiesen wurde, kann man folgende Grundsätze entnehmen:
- Der Bauherr hat gegen den Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages (BGH, Urteil vom 22.02.2018, VII ZR 46/17).
- Bei der Frage, welche Sanierungslösung dem geschädigten Bauherrn zuzumuten ist, ist insbesondere auf die Risiken, Erschwernisse und Belastungen des Bauherrn abzustellen.
- Der geschädigte Bauherr ist auf Sanierungsmaßnahmen beschränkt, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Bauherrn zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Auch ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch wird nicht den Aufwand einer sich über Jahre hinweg und immer teurer werdenden Sanierungslösung hinnehmen, die letztlich nicht sicher zum Erfolg führt.
- Eine merkantile Wertminderung des Grundstücks ist nicht in den Vorschussanspruch einzubeziehen. Sie gehört nicht zu den Kosten der Mängelbeseitigung, sondern stellt einen zusätzlichen Schadensposten dar.
(OLG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2022, 2 U 2012/14; BGH, Beschluss vom 13.09.2023 – VII ZR 244/22, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht