Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nimmt ihren Bauträger auf Beseitigung mehrerer Baumängel in Anspruch. Einen der strittigen Mängel beschreibt die WEG dahin, dass das Brüstungsblech auf der rechten Mauer der Tiefgaragenzufahrt ein Gefälle in die falsche Richtung habe, was zu Durchfeuchtungen führe. Landgericht und OLG halten diese Mängelbeschreibung für unzureichend. Nach Ansicht des OLG fehlen Angaben der klagenden Gemeinschaft, welcher Art das Gefälle sei und wie das Gefälle (richtigerweise) sein müsste, was der vertraglich geschuldete Maßstab sei und welche konkreten Mangelfolgen sich ergäben. Sowohl Landgericht als auch OLG weisen die Klage insoweit ohne Beweisaufnahme als unschlüssig ab. Die WEG erhebt Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH.

Die Beschwerde hat Erfolg. Der BGH führt aus, dass die Urteile der Vorinstanzen den Anspruch der WEG auf rechtliches Gehör verletzen. Denn Landgericht und OLG hätten die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages „offenkundig überspannt“. In der Folge hätten sie es versäumt, den relevanten Sachvortrag der WEG zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben. Denn die ständige Rechtsprechung des BGH bejahe das Vorliegen schlüssigen Vortrages zu einem werkvertraglichen Mangelanspruch, wenn gemäß der Symptomtheorie die (mit bloßem Auge sichtbaren) Mangelerscheinungen hinlänglich deutlich beschrieben würden. Danach müsse die Mangelursache gerade nicht benannt werden. Ebenso erübrigten sich Angaben, wie eine fachgerechte Bauausführung aussehen müsste.

Die Symptomtheorie ist wahrlich nicht neu. Der Besteller findet im Bauprozess mit laienhaften Angaben grundsätzlich Gehör. Sobald im Bauprozess nur der Ort und in laienhafter Manier die Art der Beanstandung beschrieben wird, ist es Sache des Gerichts und eines technischen Sachverständigen, die Soll-Beschaffenheit zu bestimmen und festzustellen, ob die Ist-Beschaffenheit dem geschuldeten Sollzustand entspricht.

( BGH, Beschluss vom 04.11.2020 – VII ZR 261/18 )

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht