Der Besteller hatte einen Architekt im Rahmen der Errichtung eines Krankenhauses mit den Leistungen der „thermischen Bauphysik“ und zwar zunächst mit der Erarbeitung des Planungskonzeptes für den Wärmeschutz, des Entwurfs der Wärmeschutzmaßnahmen und des prüffähigen Nachweises des Wärmeschutzes sowie mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1-2 des § 81HOAI für Schallschutz und Bauakustik beauftragt. Weitere Leistungen bis Leistungsphase 5 beauftragte der Kläger im Anschluss.
Das Bauvorhaben weist in großen Teilen eine verglaste Fassade auf. Die Patientenzimmer sind mit bodentiefen Fenstern ausgestattet und überwiegend nach Westen und Osten ausgerichtet. Die Parteien hatten in einer „Übersicht über Raumbedarfsplan/qualitative Anforderungen“ für bestimmte Räume vereinbart, dass eine Raumtemperatur von 26 °C nicht überschritten werden darf und diese Räume mit Klimaanlagen ausgestattet werden. Dies betraf jedoch nicht die hier streitgegenständlichen Patientenzimmer. Die Planung sah zunächst hölzerne Schiebeläden vor den Fenstern vor. Nachträglich vereinbart wurden sodann Textilmarkisen, die der Besteller später durch weniger windanfällige Alulamellen ersetzt hat.
In der Folge erwärmten sich die Räume im Gebäude bei sommerlichen Temperaturen sehr stark. Der Besteller beklagte dies und behauptete, es fehle an der Eignung des Gebäudes für den Betrieb eines Krankenhauses. Ein anschließendes selbständiges Beweisverfahren ergab Folgendes: Die Planung des Architekten hinsichtlich des sommerlichen Wärmeschutzes sei fehlerhaft. Durch die Glasfassade werde es in den Patientenzimmern unerträglich warm, so dass das Gebäude als Krankenhaus nicht funktionstüchtig sei. An ein Krankenhausgebäude seien höhere Anforderungen als die sich aus der DIN 4108-2/1981 ergebenden zu stellen. Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens konstatierte das OLG Dresden in der Berufungsinstanz Folgendes:
Die Anforderungen an die Planung eines Gebäude ergäben sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus den sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten Verhältnissen des Bauwerks und seines Umfelds, dem qualitativen Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des Gebäudes. Unabhängig davon, welche Innenraumtemperaturen nach dem Architektenvertrag zulässig sein sollten, müsse der Architekt auf eine ausreichende Verschattung achten, wenn durch den Bau einer Glasfassade ohne Sonnenschutzverglasung und ohne technische Raumlufttemperierung erkennbar die Gefahr einer Aufheizung des Gebäudes durch Sonneneinstrahlung bestehe. Der planende Architekt habe für eine umfassende fachplanerische Prüfung verschiedener Möglichkeiten und eine Erörterung der mit unterschiedlichen Verschattungsmöglichkeiten verbundenen Vor- und Nachteile mit dem Bauherren auf der Grundlage fachplanerischer Erkenntnisse zu sorgen.
(OLG Dresden vom 28.03.2019, 10 U 1748/15 )
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht