Besteller und Fertighaushersteller schließen einen Vertrag über die Errichtung eines Fertighauses. Das Bauvorhaben liegt an einer stark befahrenen Landstraße. Der Unternehmer klagt nach Fertigstellung und Abnahme Restwerklohn beim Besteller ein. Der Besteller begegnet der Klage mit dem Einwand, das Bauwerk sei vollkommen unzureichend geschützt gegen den Straßenlärm. Er fordert mit einer Widerklage nach Aufrechnung mit einem Kostenvorschussanspruch 48.000 Euro vom Unternehmer.
Der Besteller bekommt tatsächlich Recht. Im Rahmen des auf Errichtung eines Fertighauses gerichteten Werkvertrages waren die Probleme mit dem Schallschutz erst nach Einzug erkennbar. Die vertraglichen Abreden ergaben, das der Unternehmer das Haus mindestens nach den anerkannten Regeln der Technik errichten musste. Abweichende Vereinbarungen zum Schallschutz ergeben sich weder aus dem Vertrag noch aus den Werbematerialien. Der Unternehmer schuldete also den üblichen Qualitäts- und Komfortmaßstab, der sich gerade nicht aus der DIN 4109 ergibt, der nur ein Mindestmaß an Schallschutz gegen unzumutbare Beeinträchtigungen abbildet. Deshalb war der übliche Schallschutzmaßstab durch Vertragsauslegung zu ermitteln. Nach den getroffenen Feststellungen genügte der Schallschutz noch nicht einmal dem öffentlich-rechtlichen Mindestschallschutz nach DIN 4109. Das erkennende Gericht hielt dem Unternehmer vor, dass er sich mit dem Auftraggeber auch aufgrund der Lage des Baugrundstücks über die schalltechnischen Anforderungen der Regelwerke und deren Konsequenzen eingehend auseinanderzusetzen hätte müssen. Dies ist nicht erfolgt. Allein die Angabe im Verhandlungsprotokoll „Schallschutzverglasung nicht gewünscht“ reichte nicht aus. Der fachfremde Besteller durfte nach Einschätzung des Gerichts eine intensive Aufklärung und Beratung über die komplexe Materie des Schallschutzes erwarten.
Im Ergebnis ist also zu beachten: Ein Abweichen nach unten von den Regeln der Technik erfordert eine ausdrückliche Vereinbarung. Darüber hinaus muss der Besteller vorher auf die mit der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln verbundenen Risiken und Konsequenzen verständlich hingewiesen worden sein, es sei denn, sie sind diesem bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.
(OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.07.2020 – 4 U 11/14)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht