Es ist häufig zu beobachten, dass Verfasser von Bauverträgen den Versuch unternehmen, Veränderungen des kalkulierten Gesamtaufwandes des Bauvorhabens so gut es eben geht vertraglich auszuschließen. Dabei bedienen sich die Verwender nicht selten solcher Regelungen, nach denen Abänderungen des vereinbarten Leistungspreises wegen Mengenänderungen oder auch bei Störung der Geschäftsgrundlage von vornherein ausgeschlossen sein sollen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte über einen solchen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem der vom verklagten Besteller folgende Vertragsklausel gestellt worden war: „Der (…) Preis ist ein Abrechnungspreis (Einheitspreis, Stundenlohnpreis). Massenabweichungen berechtigten nicht zu einer Preisänderung, soweit dies nicht ausdrücklich vereinbart ist.“ Dazu hat das Landgericht Folgendes konstatiert: Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die nicht nur eine Preisanpassung wegen Mengenänderungen gem. § 2 Abs. 3 VOB/B, sondern darüber hinaus auch eine Preisanpassung zugunsten des Auftragnehmers nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage ausschließe, sei wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam. Die Berechnung des Anspruchs des Auftragnehmers auf Erhöhung des Einheitspreises wegen einer Unterschreitung des Mengenansatzes gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B erfolge unter kalkulatorischer Fortschreibung der vereinbarten Einheitspreise. Auszugleichen sei die infolge der Mengenminderung entstandene Unterdeckung der Gemeinkosten und des Gewinns, ohne Wagnis. Auch für ersatzlos entfallene Leistungspositionen (sog. Nullpositionen) könne der Auftragnehmer nach Maßgabe des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B einen Ausgleich verlangen. In diesem Zusammenhang erteilte das Landgericht dem Argument des Beklagten, die oben kursiv abgedruckte Öffnungsklausel solle dazu führen, dass Massenabweichungen zu Preisänderungen nur berechtigen sollen, soweit dies „ausdrücklich vereinbart ist“, eine Absage. Denn dieser öffnende Vorbehalt beziehe sich jedenfalls bei der anzuwendenden kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) – nur auf bereits bei Vertragsschluss erfolgte ausdrückliche Vereinbarungen. Dass und unter welchen Voraussetzungen ggf. eine solche Vereinbarung später möglich sein soll, insbesondere der Auftraggeber zu einer Preisanpassung verpflichtet sein soll, erschließe sich nicht, weshalb die Öffnungsklausel nicht dazu geeignet erscheine, die Reichweite der Klausel einzuschränken. Die hier zu beurteilende Klausel sei bei kundenfeindlichster Auslegung daher vergleichbar mit der einschränkenden Formulierung „grundsätzlich“ im Rahmen einer Festpreisklausel: eine Auslegung der Klausel in Ziff. 3.2.1., nach der auch Ansprüche auf Vergütungsanpassung gem. § 313 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage ausgeschlossen sein sollen, sei auch vorliegend nicht völlig fernliegend.
(LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 18.12.2023 – 12 O 8630/20)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht