Der Besteller (B) errichtet ein Gesundheitszentrum. Die Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro scheitert. B tritt in Vertragsgespräche mit dem Auftragnehmer (AN). Letzterer erstellt auf Weisung des von B beauftragten Generalunternehmers (GU) eine Kostenaufstellung, aus der sich ein Herstellungsaufwand für die technische Gebäudeausrüstung von rund 2 Mio. Euro netto ergibt. In der Folgezeit verhandeln B und AN über den Vertrag, wobei der AN zwischenzeitlich bereits vereinzelte Fachplanungsleistungen erbringt. In der Folge schließt B über den Großteil der Flächen langjährige Mietverträge ab. Nach weiteren Verhandlungen beauftragt B den AN mit schriftlichem Vertrag mit den Leistungsphasen 2, 3, 5 bis 8. Die Herstellungskosten für die Technische Gebäudeausrüstung erweisen sich am Ende als deutlich teurer, weil anstelle der ursprünglich vorgesehenen Strangentlüftung eine Einzelraumentlüftungsanlage erforderlich ist. B verlangt vom AN Schadensersatz wegen der Mehrkosten. Dabei führt er auch an, dass der AN bereits seit Juni 2007 für ihn tätig gewesen sei, also bevor der B seine langfristigen Mietverträge abgeschlossen habe.

Das entscheidende Gericht sieht in den vom AN vor Abschluss des schriftlichen Vertrages erbrachten Leistungen keine vertragliche Leistungsverpflichtung des AN und damit auch keine Grundlage für eine Haftung wegen der erhöhten Herstellungskosten. Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalles. Gegen einen Auftrag zeitlich vor dem schriftlichen Vertragsschluss spreche aus Sicht des Gerichts insbesondere, dass B und AN intensiv über den Abschluss und die Konditionen des Vertrags verhandelt und diese noch mehrfach verändert hätten.

Die Entscheidung fügt sich ein in die aktuelle Rechtsprechung. Danach hat für die Beurteilung der Frage, ob eine vergütungsfreie Akquiseleistung vorliegt oder bereits eine vertragliche Leistung, die Honorar auslöst, eine Einzelfallbetrachtung stattzufinden. Das gelte ebenso für Fachplaner. Eine gesetzliche oder tatsächliche Vermutung dahin, dass umfangreiche Leistungen nur im Rahmen eines Vertrags erbracht würden, gäbe es nicht. Nicht selten seien zahlreiche Planerleistungen „Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation“. Das Besondere bei der vorliegenden Konstellation ist der Umstand, dass dem Planer der noch nicht erfolgte Vertragsschluss zu Gute kommt. In den meisten Fällen geht es bei derartigen Sachverhalten um Planungshonorar, das mangels Vertragsschluss versagt wird.

(OLG Hamm, Urteil vom 14.10.2019 – 17 U 78/18; BGH, Beschluss vom 09.06.2021 – VII ZR 256/19, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht